Fünf Kinder und eine erwachsene Person stehen draußen in einem Halbkreis und schauen sich freundlich an.

Expertise zum Bildungs- und Teilhabepaket

Nicht einmal jedes fünfte Kind im Bürgergeldbezug profitiert von Teilhabeleistungen

Das Bildungs- und Teilhabepaket wurde vor zwölf Jahren ins Leben gerufen, um benachteiligten Kindern und Jugendlichen mehr gesellschaftliche Teilhabe und die Beteiligung an Bildungs-, Kreativ- oder Sportangeboten zu ermöglichen. Trotz zahlreicher Reformversuche gelang es bisher nicht, dieses Ziel zu erreichen. Eine Expertise der Forschungsstelle des Paritätischen Gesamtverbands konnte nun darlegen, dass die Teilhabeleistung von bis zu 15 Euro, die Kindern in Bürgergeld-Familien monatlich zur Finanzierung etwa von Vereinsaktivitäten bekommen können, selten ankommt. Im Bundesdurchschnitt bekommen gerade einmal 18 Prozent dieser Kinder zwischen sechs und unter 15 Jahren diese Leistung. In einem Statement äußert sich Christian Woltering, Landesgeschäftsführer des Paritätischen NRW, zu den lokalen Schwankungen bei der Inanspruchnahme von soziokulturellen Teilhabeleistungen in NRW.

Bildungs- und Teilhabepaket verfehlt sein Ziel

„Das Bildungs- und Teilhabepaket ist offenbar so gut verpackt und verschnürt, dass kaum einer es öffnen kann. Sein Ziel, Kindern und Jugendlichen aus einkommensarmen Familien die Teilnahme an Sport, Bildung oder Kultur zu ermöglichen, verfehlt es seit über einem Jahrzehnt meilenweit. Nicht nur, weil man mit 15 Euro im Monat nicht weit kommt, sondern auch aufgrund bürokratischer Hürden und fehlender Angebote vor Ort“, erklärt Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes.

Leistungen erreichen Großteil der Berechtigten kaum

Die Paritätische Forschungsstelle erstellt bereits zum vierten Mal eine Expertise zur Inanspruchnahme des Bildungs- und Teilhabepakets. In empirischen Untersuchungen konnte jedes Mal nachgewiesen werden, dass die Leistungen einen Großteil der Berechtigten kaum erreicht haben. Auch der letzte Reformversuch in Form des Starken-Familien-Gesetzes von 2019 hat keine wesentlichen Verbesserungen bewirkt. Hinzu kommt, dass starke regionale Schwankungen zu verzeichnen sind. Die Art der Umsetzung vor Ort hat dabei erheblichen Einfluss auf die Inanspruchnahme, so der Befund der Forschungsstelle.

Umfassende Überarbeitung notwendig

Der Paritätische sieht das Bildungs- und Teilhabepaket als grundsätzlich gescheitert an. Daher schlägt Ulrich Schneider umfassende Überarbeitungen vor: „Gegen Armut hilft immer noch Geld, ganz egal wie alt die Empfängerinnen und Empfänger sind.“ Der Paritätische schlägt vor, diese Leistungen in den Regelsatz zu reintegrieren, anstatt dies über Bildungskarten zu organisieren. Darüber hinaus plädiert der Hauptgeschäftsführer des Wohlfahrtsverbandes für die im Koalitionsvertrag versprochene, vor Armut schützende Kindergrundsicherung und ihre zügige Einführung nebst ausreichender Finanzierung im Bundeshaushalt.

Christian Woltering, Landesgeschäftsführer des Paritätischen NRW, zur Expertise des Paritätischen Gesamtverbandes zum Bildungs- und Teilhabepaket

„Schwankungen von 2 bis zu 97 Prozent bei der Inanspruchnahme von soziokulturellen Teilhabeleistungen in NRW: Die erheblichen Unterschiede in der Umsetzung werfen einen düsteren Schatten auf die Mehrheit der Kommunen in unserem Bundesland. Während Hamm, Münster oder Steinfurt zeigen wie es gehen kann, bleiben andernorts die Kinder auf der Strecke. Ein Desaster! Bei der Bekämpfung von Kinderarmut können wir nicht auf die Kindergrundsicherung warten, die erst für 2025 geplant ist. Wir richten einen dringenden Appell an die Kommunen, jetzt aktiv zu werden. Es liegt in ihrer Verantwortung, sofort Maßnahmen zu ergreifen, um die soziale und kulturelle Teilhabe der Kinder sicherzustellen.“

 

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